Mittwoch, 27. Juli 2011

Manhattan

Ach, irgendwie gefällt mir diese Stadt immer wieder. Manhattan ist doch ziemlich phantastisch, wuselig, aber mit einer unaufgeregten Art – man weiß, wer man hier ist. Bis hin zu einer recht ausgeprägten Arroganz der New Yorker, aber das ist mir ja auch nicht ganz fremd, es hat gewissermaßen etwas hanseatisches, daher fühle ich mich hier sehr wohl. Wahrscheinlich ist es die Vielfalt, die man meiner Erfahrung in den USA so sonst nicht findet, von wunderschönen Frauen bis hin zu fetten Touristen-Quallen mit Schnauzbart aus dem mittleren Westen, dazu die Vielfalt der Ethnien – hier gibt’s wirklich alles, ein Marsianer würde wahrscheinlich gar nicht auffallen. Insbesondere letzteres fühlt sich viel angenehmer an als bei meinem letzten Besuch 2000 – sprich vor dem 11. September. Damals hatte ich noch das Gefühl, dass hier zwar alle Ethnien vertreten sind, diese aber schön unter sich bleiben und eigentlich nichts mit einander zu tun haben wollen. Das scheint sich geändert zu haben, nun ist man zunächst einmal New Yorker, alles andere kommt dann.

Was allerdings geblieben ist, ist dass sich hier auf der Straße irgendwie niemand in die Augen blickt. Das ist doch ein störendes Element, ich weiß auch nicht, warum. Tut doch nicht weh?

Dazu das reguläre Straßenbild, man kennt es, hier der Blick Richtung Times Square (sehr viel mehr Fotos braucht es von Manhattan wohl nicht, das haben schon diverse Fotografen vor mir besser gemacht):


Was ich gar nicht so in Erinnerung hatte ist, dass der Central Park doch ziemlich groß ist und sogar einige wildere Teile hat. Aber auch sonst, sehr schön, die Rasenflächen baumumstanden und dahinter lugen die Hochhäuser hervor, vor allem bei diesem großartigen Wetter sehr nett:


In dieser Stadt kann man einfach stundenlang durch die Straßen laufen und die Atmosphäre in sich aufnehmen, wobei es durchaus variiert, von den Nobelboutiquen an der oberen Fifth Avenue bis hin zu den kleineren Designern in SoHo und den kalten Glastürmen des Financial District – irgendwie wird es mir nie langweilig. Selbst Harlem hat sich sehr verändert, immer noch sehr schwarz, aber bei weitem (!) nicht mehr das Ghetto, das ich in Erinnerung hatte – die Fassaden sind renoviert, alles ist blitzblank. Wären die Straßen etwas schmaler, man könnte sich in Winterhude währen.

Ein weiterer Effekt des Bummelns ist ein notorisches Shoppen – selbst ich, der Klamottenkaufen hasst, bin ein bisschen durch die Läden gezogen. Zum Glück ist der Dollar im Moment so schwach, aber selbst so wurde es ein wenig teurer als geplant. Ich tröste mich damit, dass ich einen Großteil meines Erwerbs in Hamburg eh hätte kaufen müssen, damit ist es unterm Strich wieder ok.

Gegen Abend kehrt man dann in eine der klassischen Bars in SoHo ein, hippes Volk mischt sich mit Schlipsträgern und Normalbürgern, entgegen dem Ruf der New Yorker ergibt sich doch schnell ein Gespräch, selbst mit den erwähnten Model-Mädels (passenderweise geriet ich mit einer der Damen beim Wechsel von einer Bar in die nächste in einen gewaltigen, tropisch anmutenden Wolkenbruch, der uns bis auf die Haut durchnässte, was bei der Wärme einen höchst erwünschten, sehr romantischen Effekt hatte – ein sehr gelungener letzter Abend!). Überhaupt, wenn selbst ein flirtfauler Mensch wie ich sofort in ein Gespräch verwickelt wird, dann verstehe ich nicht, weshalb New York als die Hauptstadt der Singles gilt. Muss wohl an den Neurosen liegen – die sind hier ausgeprägt! Das geht so weit, dass mir eine andere Dame erzählte, sie würde noch schnell Freunde treffen, die hätten Koks dabei. Auf meine – zugegeben naive – Frage, warum sie das Zeug denn nötig habe, kam doch tatsächlich die Antwort „Um dazu zu gehören“ – einen dämlicheren Grund so was zu nehmen gibt es wohl nicht. Ich verabschiedete mich höflich, den Hinweis, was Kokain in Südamerika anstellt, kann man sich wohl sparen… Bei aller Liebe, so ein bisschen gestört sind die New Yorker mitunter schon, es geht doch sehr um den schönen Schein. Mit einer Lebenseinstellung von „Mir doch egal, was andere denken“ ist man hier Exot, selbst „Freundschaften“ unterliegen klaren Statusregeln. Naja, es kann ja nicht alles schön sein hier, sonst müsste ich glatt herziehen.

Wie auch immer, grundsätzlich ist die Stadt immer wieder eine Reise wert, es waren einige ziemlich schöne Tage und interessante Nächte. Jetzt aber erstmal ab nach Hamburg zum Zwischenstopp. Ich muss sagen, ich freu’ mich drauf. Und nach Südamerika, Panama und nun den 104 Grad Fahrenheit (was immer das in Celsius ist, es ist jedenfalls reichlich) bin ich gar nicht sooo unglücklich, dass der Sommer in Hamburg angeblich gerade eher Pause macht…

Sonntag, 24. Juli 2011

NYC - Brooklyn, Baby

Also das haben sie mit den bescheuerten Grenzkontrollen gemeint, diesmal hat’s mich so ein bisschen erwischt. Nach fürchterlich frühem Aufstehen, einem vergleichsweise unbequemen Flug (niemals Delta fliegen, großer Mist und beide Landungen waren so ziemlich die beschissensten in einer ganzen Weile) kam ich zunächst in Atlanta an und der Bursche von der Immigration hatte entweder einen schlechten Tag, fürchterlichen Stuhlgang oder war generell ein Kotzbrocken: Mit so einem Gesichtsausdruck darf man eigentlich niemanden auf generell unbescholtene Reisende loslassen. Auch Fragen wie „Wieso sind sie nach Südamerika gefahren?“ kommen mir doch etwas schräg vor – na, ist vielleicht die US-amerikanische Grundeinstellung, hier gilt Miami ja schon als Gipfel der Exotik… Zum ersten Mal ist es mir wirklich schwer gefallen freundlich und geduldig zu bleiben, aber dem zu erklären, dass er mir am Achtersteven vorbeigeht hätte auch nur bedeutet, dass ich mich umgehend in einem Flugzeug zurück nach Panama befunden hätte. Zugegeben, der Job ist auch dämlich, aber da kann ich ja nichts für wenn er sich so was aussucht! Trotzdem seltsam, mit Sicherheitspersonal habe ich sonst so überhaupt keine Probleme.

In New York angekommen dann ein ganz anderes Bild: Trotz brütender (!) Hitze alle Leute extrem freundlich, grinsend und scherzend – im Bus lachte sich ein alter Schwatter mit schwerer Hornbrille erstmal über meinen zugegebenermaßen recht großen Rucksack schlapp um dann die Hand auszustrecken und im klassischen Singsang „Hey man, welcome to New York“ zu schnarren. Auch sonst, alle fröhlich. Das klingt jetzt eigentlich nicht ungewöhnlich, aber der New Yorker an sich steht normalerweise im Ruf, erstmal äußerst ungehobelt und vor allem zu Touristen außerordentlich unfreundlich zu sein – die Zeiten haben sich wohl wirklich geändert.

Jetzt sitze ich in Brooklyn, in einem hervorragenden Hostel – das ist in New York nicht selbstverständlich, aber dafür nehmen sie’s hier auch von den Lebenden!! Der Teil Williamsburg ist so ein wenig die Hipster-Hochburg, alle die hier rumlaufen sind gezielt und detailverliebt ein wenig abgewarzt, aber mit unerschütterlichem Bewusstsein für den STYLE – alles Second Hand (genauer gesagt „Vintage“), aber bloß nicht die falsche Marke! Und da sitzt nicht ein Haar falsch, obwohl es so aussehen soll als seien sie gerade aus einem Loch gekrochen. Nicht ein Fahrrad hat eine Gangschaltung, man fährt Single Speed, sehr hip (aber bei dem Flachland hier auch kein wirkliches Problem). Auf jeden Fall muss ich die Affektiertheit in der Schanze etwas relativieren, gegen die Truppe hier ist das (fast) nichts. Aber egal, die Coolness hin oder her, die Stimmung ist gut, es gibt viele kleine Bars und Cafes – letztere mit hervorragendem Kaffee (natürlich Fairtrade) – und hübsch anzusehen sind die kleinen Mädels allemal.

Man beachte die klassischen Feuerleitern 

Ein paar Straßen weiter ist Brooklyn dann wieder eher so wie man es sich vorstellt, sehr schwarz oder zumindest Hispano (meinen ersten Abend habe ich weitestgehend Spanisch sprechend in einer puertoricanischen Billardbar verbracht, die hatten wenigstens anständiges Bier (Presidente) – entgegen meinen Prinzipien habe ich mich auf „Fünf Dollar pro Spiel“ eingelassen, hatte aber Glück: Damit waren meine Biere bezahlt und es blieb noch ein bisschen hängen, zum Glück hatte ich einen Run). Trotz der besagten Hitze bin ich mal ein wenig rum gelaufen, es sieht schon sehr stilecht aus.


Hätte ich Geld würde ich hier in Immobilien investieren: Eine Menge Häuser sind recht heruntergekommen, aber in bester Lage und von der Substanz her eigentlich ok – es schreit praktisch alles nach Gentrifizierung, was wohl auch nur noch eine Frage der Zeit ist, siehe die Hipster. Die Leute hier sind freundlich, auch wenn man in manchen Ecken das einzige Weißbrot ist – die Einladung, beim Basketball mit zu machen, habe ich aber dankend abgelehnt, bei den Jungs (Format 3x4 Meter) hätte ich wohl ganz schön in den Asphalt gebissen!

Heimlich aus der Hüfte geschossen, weil bloss nicht den Touri raushängen lassen! 

So, mal sehen wie das morgen weitergeht, Manhattan schätze ich mal.

Freitag, 22. Juli 2011

Panama City

Ok, man muss sich erst einmal daran gewöhnen. Ganz ehrlich, mein erster Eindruck von Panama City war ungefähr: „Ach herrje, wo bin ich denn hier gelandet??“ Wenn man sich aber erst mal akklimatisiert hat – sowohl was die Stadt als solche als auch die brütende, feuchte Hitze angeht – entdeckt man einige nette Ecken.

Panama City ist ganz gewiss keine schöne Stadt, im Gegenteil. Die meisten Ecken sind ausnehmend hässlich. Seien es die Neubaugebiete mit den Hochhäusern – die, wenn ich mal raten soll, ausschließlich mit Drogengeld finanziert werden – oder die fast Slum-artigen, heruntergekommenen Armenviertel. Alles nicht so richtig anheimelnd auf den ersten Blick. Selbst die Altstadt Casco Viejo braucht noch einige Zeit, manche Häuser sind zwar bereits renoviert und sehen wirklich gut aus, sehr viele sind aber noch absolute Ruinen (in zehn Jahren dürfte es aber wie Cartagena aussehen).

Außerdem waren die ersten Tage recht verregnet und vor allem grau, so dass wirklich keine schöne Atmosphäre aufkam.

Wie gesagt, braucht noch ein bisschen - auch wenn hier die Sonne schien

Eher mässig vertrauenerweckend...

Es heisst Panama City sei wie Miami, nur dass hier mehr Englsich gesprochen werde.

Alles nicht so richtig begeisternd, selbst mein Besuch an den Miraflores Schleusen des Panama Kanals war komplett verregnet – die Tatsache allerdings, dass mit Cap Roberta und Bahia Grande zwei „meiner“ alten Schiffe genau zeitgleich durch die parallelen Schleusenkammern gelotst wurden, war sehr lustig. Leider waren die Bilder durch den strömenden Regen recht unspektakulär.

Nach etwa zwei Tagen allerdings – und mit aufklarendem Wetter – entdeckt man plötzlich einen unerwarteten Charme! Die zwar nach wie vor benachteiligten und schmutzigen Viertel verströmen dennoch eine fast spürbare Energie, der Mix an Leuten von schwarz über braun und hellbraun bis hin zu indigen ist irgendwie faszinierend, selbst die allgegenwärtige Militärpolizei grüßt freundlich und die Taxifahrer (in manchen Ecken ist es doch, gerade nachts, einfach sinnvoll per Taxi unterwegs zu sein) veralbern einen beim Preis nur so lange, bis man ihnen auf Spanisch antwortet.

Vor allem aber das lebhafte Gewusel in den billigen Einkaufsstraßen und Märkten ist ansteckend und man könnte stundenlang nur durch die Gegend laufen und die Atmosphäre genießen. Leider kann ich mich immer noch nicht recht dazu durchringen, Personen in der Straße im Porträt abzulichten (ich käme mir einfach vor wie im Zoo), aber die Szenen sind einfach klassisch, sei es der alte schwarze Mann im Anzug und mit Zeitung, der sich von einem noch älteren die Schuhe putzen lässt oder die – Verzeihung – breitärschige Mama in rosa Leggins, die mit Lockenwicklern im Haar vor dem Friseur steht und eine raucht, es ist einfach charmant.

Mit besagtem Aufklaren des Wetters zeigt sich auch die Stadt etwas freundlicher, zumindest teilweise:

Casco Viejo in bereits renoviert

Der Markt für Heilkräuter und Veggies

Unterm Strich bleibt es zwar dabei, Panama City ist sicherlich nicht meine Lieblingsecke, aber mit der Entdeckung der netten Seiten und nicht zuletzt wegen wieder einmal sehr netten Leuten im Hostel (in diesem Fall allerdings im Rahmen einer israelischen Invasion – aber die mag ich ja, vor allem wenn sie weiblich sind, romänisch-irakischer Herkunft, sowie riesige braune Augen und ein süßes Lächeln haben) war es durchaus in Ordnung.

Damit ist also mein Südamerika-Abenteuer erstmal vorbei, großartig war’s in fast jeder Hinsicht, den Horizont hat es ohnehin unheimlich erweitert und mein letztes Mal war es sicherlich auch nicht.

Zum Abschluss also noch ein Schmatzer, und dann geht’s nach New York:

"Ein Kuß ist kein Verbrechen"

Sonntag, 17. Juli 2011

Auf dem Wasserweg nach Panama

Endlich wieder auf einem Segelboot! Wie gesagt, ich habe von Cartagena aus ein Boot gebucht um mich nach Panama zu bringen. Das ist einer der einfachsten und trotz einer gewissen Enge (amongst other things) bequemste Weg – mit dem Bus ist man ewig unterwegs. Außerdem wollte ich mir diese Möglichkeit natürlich auch nicht entgehen lassen. Der Seeweg dauert in etwa zwei Tage, allerdings verbringt man dann noch so drei Tage in den San Blas Inseln vor Panama.

Aber der Reihe nach. Nach dem Briefing am Vortag mit Skipper Fabian, einem lustigen Kolumbianer – hervorragender Sinn für Humor und einen sehr professionellen Eindruck vermittelnd (ein Eindruck, der bestätigt wurde, sehr guter Mann!) – trafen wir uns an der Marina in Cartagena. Anfangs dacht ich wir würden einen Katamaran benutzen, aber das war ein Missverständnis: Eine Contest 31 war unser Transport. So sah der Vogel aus:


Zugegeben, sicherlich kein Performance Boot – ganz im Gegenteil! – aber na gut, immerhin sicher und bequem. Bis auf die Tatsache, dass wir insgesamt sieben Personen an Bord waren, was eigentlich viel zu eng ist, bei tropischen Temperaturen aber geht: Man will ohnehin lieber an Deck schlafen! Zudem war unsere Crew eine ganz großartige Truppe, kein Vollidiot dabei und wie sich herausstellte für jeden Spaß zu haben.

Skipper Fabian (Kolumbianer), Jochem (Holländer), Jane (Britin), Yvonne (Schweizerin), Angela (Holländerin und Jochems Freundin) – es fehlen neben meiner Wenigkeit John, der Ire. Wir waren also sehr gemischt – Grund für diverse politisch gänzlich unkorrekte Scherze, ich war also voll in meinem Element.

Die erste Nacht – Abfahrt war am Nachmittag weil Formalitäten in Kolumbien mitunter lange dauern – war genau, was ich erhofft hatte: Eine ordentliche Backstagsbrise von vier bis fünf Windstärken, die auch diesen alten Eimer in Fahrt brachten – plus die dazugehörigen Wellen, die dann doch ihren Tribut forderten: John war völlig außer Gefecht gesetzt und am Fischefüttern, alle anderen (lustigerweise inklusive Skipper) in verschiedenen Stadien des Etwas-komisch-guckens. Ich durfte mal wieder dankbar sein, dass mich Seekrankheit einfach komplett in Ruhe lässt – ich habe nur die wundervolle Nacht, den Mond, die Rauschefahrt und das Meeresleuchten genossen. Die Tatsache, dass mir damit die Ehre von sieben Stunden Nachtwache zuteil wurde habe ich mal gnädig übersehen – lediglich Fabians striktes Alkoholverbot während der Überfahrt war – trotz aller Zweckmäßigkeit – ein wenig störend, ein kleines Bierchen hätte ich bei so einer romantischen Nacht in Ermangelung weiblicher Gesellschaft doch gerne genossen.

Am nächsten Tag erstickte dann die Tropensonne jeden Hauch Wind, die Crew kam zurück ins Leben und der Motor musste bemüht werden – schade, aber bei einem so schweren Boot nicht anders zu erwarten. Dennoch, es war entspannt, eine Schule von 12 Delfinen spielte stundenlang in unserer Bugwelle und das Essen war auch sehr lecker. Was will man mehr?

Mit Ankunft in San Blas waren wir dann im ultimativen Tropenparadies angekommen:



Kristallklares Wasser, warm und sonnig, mit einem regelmäßigen Regenschauer vor Sonnenuntergang (damit es nachts zum Schlafen nicht zu warm wurde), Palmenstrand – nahezu perfekt. Das San Blas Archipel ist interessanterweise komplett in der Hand der ursprünglichen indigenen Bevölkerung, den Kunas. Das ist in Südamerika relativ ungewöhnlich wenn nicht einzigartig, überall sonst werden sie ja eher übers Ohr gehauen.

Die Kunas profitieren von den ganzen Yachties – Touriboote genauso wie Weltenbummler – indem sie Handarbeiten und vor allem frisch gefangene Fische und Lobster aus Einbäumen direkt am Boot verkaufen – gegessen haben wir phantastisch! Fabian hat dabei darauf wert gelegt, die örtlichen „Mamas“ mit dem Kochen zu betrauen, das ersparte uns beengtes arbeiten und sorgte für ein weiteres Einkommen der Kunas – einer der Gründe, weshalb die Kunas Fabian hoch schätzen, was beileibe nicht für alle Yachties gilt! Das Gute dabei: Das fiel auf uns zurück, die Kunas waren extrem aufgeschlossen und nett zu uns.

Das alles überschattende Thema auf den Inseln: Ein spanischer Segler, der am Riff in San Blas sein Boot verlor – die Riffe sind hier teilweise extrem tückisch, das muss ich neidlos anerkennen! – und daraufhin anscheinend zwei andere Bootskapitäne, einen Franzosen und einen Amerikaner, ermordet hat und „zufällig“ mit deren Booten auftauchte. Mittlerweile sitzt er unter dringendem Mordverdacht im Knast, aber ganz ausgestanden ist die Sache noch nicht – ich glaube, so was nennt man „Circumstancial Evidence“, was selbst in Panama für eine Verurteilung dünn ist. Nach dem, was die Yachties hier in der Bucht erzählen – man kennt sich natürlich – sollte er sich aber besser nicht mehr nach San Blas trauen! Tja, Abenteuer über Abenteuer. 

Letztlich war es dann aber Zeit, nachdem der Immigration Scherge seine Siesta beendet hatte wurden wir auf einen Jeep umgeladen, der uns nach halsbrecherischer Fahrt – die Strasse war wirklich eindrucksvoll, extrem steil auf und ab durch den Dschungel – in Panama City absetzte. Bisher bin ich noch nicht begeistert, aber das kommt vielleicht noch…

Samstag, 16. Juli 2011

Unterm Strich...

…ist Kolumbien ein phantastisches Land! Ich möchte fast so weit gehen und sagen, von den Ländern, die ich in Südamerika gesehen habe, ist es mein Favorit. Die Landschaft ist abwechslungsreich – und ich habe ja noch nicht einmal alles gesehen – und traumhaft schön. Hinzu kommt dass die Kolumbianer außergewöhnlich freundlich und aufgeschlossen sind (und sogar ein recht verständliches Spanisch sprechen). Ich hatte den Eindruck dass die meisten Kolumbianer auf der Gehaltsliste des Tourismusministeriums stehen, alle schienen einen möglichst positiven Eindruck von ihrem Land hinterlassen zu wollen. Das gelingt ihnen auch. Selbst in den Ecken, die etwas „dodgy“ wirken fühlte ich mich durchaus wohl und traf auf hilfsbereite und freundliche Menschen. Nach Jahren der „Violencia“, dem Bürger- und Drogenkrieg, geht ein richtiges Aufatmen durch die kolumbianische Gesellschaft und die Leute scheinen sich einfach an neu gewonnenen Freiheiten und Sicherheiten zu erfreuen – und diese Freude spürt man. Besonders Cartagena wird mir immer sehr positiv in Erinnerung bleiben. Selbst die Nervensägen, die einem nachts alles andrehen bzw. organisieren wollen – sie behaupten grundsätzlich sie „haben alles“, sprich leichte Damen oder die beste Party, wo auch „Charlie“ vorbeikommen würde (Charlie ist Kokain) – selbst diese sind irgendwo lustig, zumindest nicht aggressiv, was im Vergleich zu dem ein oder anderen sonstigen Land schon mal ein Fortschritt ist.

Dennoch, es wäre naiv zu glauben, dass sich alle Probleme in Luft aufgelöst hätten. Natürlich gibt es in einigen Ecken noch Probleme mit der Guerilla, allerdings ist diese lange nicht mehr so einflussreich wie noch vor fünf Jahren und von einer dominanten oder gar kontrollierenden Rolle selbst in den gefährlichen Gebieten weit entfernt. Der gegenwärtige Präsident Juan Manuel Santos macht anscheinend einen hervorragenden Job in Sachen Korruptionsbekämpfung – was besonders deshalb interessant ist, da er eigentlich ein Vertrauter Alvaro Uribes war und durch dessen reichlich korrupte Seilschaften erst an die Macht gekommen ist. Einmal im Amt hat er sich aber schnell als selbstständig und durchsetzungsfähig erwiesen: Vorher unantastbare Personen fanden sich plötzlich vor dem Haftrichter wieder. Auch die reizende Anwandlung des kolumbianischen Militärs, unbescholtene Menschen zu entführen, zu erschießen, in Tarnklamotten zu stecken und Kopfgeld für erlegte Rebellen zu kassieren, wird mehr und mehr aufgeklärt und selbst hochrangige Militärs landen im Knast. Klingt eigentlich fast zu gut um wahr zu sein – man darf also gespannt sein, wie er sich weiter macht, der Zyniker in mir bleibt natürlich skeptisch.

Und natürlich stellen insbesondere Kokain und Konsorten nach wie vor ein großes Problem dar, der Anbau geht natürlich weiter (die Nachfrage lässt ja nicht nach), mit allem was daran hängt, von Korruption bis Gewalt. Lediglich als Tourist merkt man davon eigentlich nichts, bis man anfängt ein wenig zu stöbern. In manchen Kleinstädten sieht man dann doch plötzlich nagelneue schwarze Geländewagen mit betont lässigen jungen Männern besetzt, die da irgendwie nicht hinpassen. Auch wenn man sich mit dem ein oder anderen Kolumbianer mal länger unterhält – ich hatte gerade in San Gil und Villa de Leyva die Gelegenheit – werden sie bei manchen Themen plötzlich sehr still und erst nach längerem, wenn sie Vertrauen gefasst haben, hört man die Details von Erpressung und Gewalt – klingt blöd, war aber tatsächlich so. Dies gilt besonders für kleinere Orte in der Nähe der einschlägigen Anbaugebiete, in den junge Menschen kaum eine Chance haben dem Milieu komplett zu entkommen – es sei denn sie verlassen ihr Dorf. Wie gesagt, als Tourist kriegt man davon allerdings kaum etwas mit (wenn man nicht konkret guckt) und es ist auch auf bestimmte Gegenden beschränkt, aber eben auch noch nicht aus der Welt.

Auch gibt es einige Spannungen zwischen den vornehmend weißen (oder hellbraunen) Bewohnern der höheren Lagen, den Cachacos, und den eher dunklen Leuten an der Küste, den Costenos. Während die Cachacos weitestgehend Wirtschaft, Politik und Polizei/Militär kontrollieren, sind die Costenos eher am anderen Ende der Nahrungskette angesiedelt. Bisher funktioniert das Zusammenleben – von einer gewissen Arroganz der Cachacos abgesehen – recht reibungslos, aber wie lange noch? Ich unterhielt mich mit einem recht erfolgreichen Cachaco, einem Reishändler aus Bucaramanga, dessen Ansichten grenzten fast an Rassismus. Nicht so schön. Auch muss man leider sagen, dass an der Küste – im Hochland interessanter weise nicht – ein klares Müllproblem besteht. Wie ich schon in Bolivien merkte haben manche Leute einfach keinerlei Verständnis für das Prinzip „Man kann das auch mal nicht einfach in die Heide kippen“ – sehr schade, weil wirklich schöne und schützenswerte Biotope einfach versaut werden, vor allem mit Plastikmüll.

Es ist also noch viel nötig um Kolumbien wirklich zu erneuern, aber dennoch, mir hat es ganz großartig gefallen und es ist definitiv eins der Länder, das ich noch einmal intensiver bereisen möchte, vielleicht mit eigenem Wagen (ok, ein geländegängiger sollte es schon sein), einfach um flexibler und nach seinem eigenen Rhythmus reisen zu können und auch kurze Stops auf dem Weg zu erlauben – etwas, das mir auf Busreisen immer gefehlt hat, und sei es nur für ein kurzes Foto oder einen Kaffee.  Also, gerne wieder.

Samstag, 9. Juli 2011

Cartagena

Die Straße nach Cartagena führt an der Küste entlang, rechts das Meer, links diverse Lagunen, die irgendwie an die Everglades erinnern. Eine schöne – und dankenswerterweise nicht all zu lange – Fahrt.

Cartagena hat mich von vornherein begeistert. Es gilt völlig zu recht als die wohl schönste Stadt Kolumbiens. Die Altstadt ist von einer Festungsmauer umschlossen, die die Spanier im Laufe der Zeit immer mehr ausbauten, da ihnen die Übergriffe von Sir Francis Drake und Konsorten langsam auf die Nerven zu gehen begannen – Cartagena hat einen perfekten Naturhafen und wurde dadurch schnell zum wichtigsten Hafen in der Karibik, ein Zentrum des Handels und natürlich Sammelstelle für insbesondere Gold auf dem Weg nach Spanien. Und damit weckte es natürlich die Begehrlichkeiten von Spaniens Feinden. Das Ergebnis sieht so aus:


Und über allem thront die Festung von San Felipe:


Die Altstadt ist voller bunter Kolonialbauten, Blumen ranken sich über die Mauern, man könnte stundenlang nur durch die Straßen laufen und genießen, ich weiß gar nicht, welches Bild am repräsentativsten ist – ich versuch’s mal:



Und immer wieder die Stadtmauer:


Auf der Mauer gibt es auch einige Cafes und Restaurants in denen man abends bei lauer Brise vom Meer die Atmosphäre genießt, ein wenig mit den mitunter wunderhübschen Kolumbianerinnen Salsa tanzt, den ein oder anderen Mojito schlürft und einfach die Seele baumeln lässt.

Ohnehin, wenn das Wetter stimmt (häufig regnet es leider abends), dann beleben sich die Straßen. Die Cafes sind voll, Straßenkünstler unterhalten, von überall klingt Musik und die Kutschen, die hier sowohl von Touris als auch von Einheimischen mitunter als Taxi genutzt werden, klappern über das Pflaster – wunderbar.



Ich finde Cartagena ganz phantastisch, definitiv eine meiner Lieblingsstädte soweit – allerdings gibt es natürlich auch hier die Schattenseiten, einige Viertel sind vergleichsweise verkommen, auch in die Altstadt haben sich hier und da unpassende Neubauten geschummelt und natürlich gibt es auch hier das übliche Quantum an Obdachlosen und „displaced persons“ (die „Violencia“ der früheren Jahre lässt grüßen). Dennoch, großartig.

Als passenden Abschluss gab es für mich noch einen Trip zu den Islas de Rosario, etwa 45 Minuten im Speedboot von Cartagena entfernt, zum Tauchen. Ein wirklich sehr schönes, außerordentlich intaktes Riff, nicht tief, vielleicht 15 Meter – wenig Fische, aber dafür eine großartige Korallenvielfalt aus Hart- und Weichkorallen, einigen Lobstern und Moränen, anständiger Sicht und recht angenehm warmen Wasser.


Nun geht es im Boot nach Panama, also erstmal Funkstille.

Montag, 4. Juli 2011

Santa Marta & drum herum

Also, diese ewig langen Busfahrten reichen mir langsam, aber viele sollten da auch nicht mehr kommen – 16 Stunden habe ich anstatt der fahrplangemäßen 12 gebraucht. Kann man den Busfahrern aber nur bedingt zum Vorwurf machen, es regnete relativ heftig, da war ich nicht ganz undankbar, dass sie nicht „auf Sieg“ gefahren sind. Die hiesigen Trucker fahren entgegen ihrem Ruf auch relativ zivilisiert – was einen dann aber noch weiter runterbremst wenn man hinter ihnen hängt. Der Busfahrer an sich findet aber mitunter erstaunlich unkonventionelle Ecken zum Überholen! Auch war die Strasse durch die heftigen Regenfälle in den letzten Monaten teilweise stark beschädigt, vor einer Notbrücke, die nur einspurig zu befahren war, hatten wir eine ganze Stunde Wartezeit. Was aber ganz nett war, morgens die Beine strecken zu können, sofort kam so ein kleiner Muckel zum Kaffeeverkauf vorbei und hinter uns hielt ein Militärlaster, so dass sich ein nettes Gespräch mit einem Haufen Soldaten entspann. Durchaus interessant, was die so zu erzählen hatten – besonders die Älteren, die noch die volle FARC-Arie mitgekriegt hatten…

Santa Marta selbst ist nun eher eine arbeitende Hafenstadt, nicht so ein konserviertes Puppenkästchen wie z.B. Villa de Leyva. Deutlich rauer, wesentlich ärmere Viertel am Stadtrand, irgendwie wieder ein Sprung in die Wirklichkeit – aber nicht uncharmant, auch hier sind die Kolumbianer sehr umgänglich und freundlich. Was aber eine sinnvolle Investition wäre ist eine Kanalisation: Nach einem heftigen Regenschauer standen die Strassen nachdrücklich unter Wasser!

In Santa Marta selbst gibt es nicht all zu viel zu sehen, lediglich der lokale Markt ist turbulent, chaotisch und damit eine Erfahrung wert.

Im Umland liegt unter anderem Taganga, welches als Hippieort gilt, von Touris und Backpackern überrolt, eher ein ehemaliger Fischerort, der nicht so recht weiß, wie ihm geschah. Von oben sieht’s noch hübsch aus:


Aber sonst, eher nicht so beeindruckend, auch das Tauchen habe ich mir ob der Regenfälle mal abgeschminkt, es wäre sowieso nichts zu sehen mit den ganzen ausgespülten Schwebeteilchen im Wasser.

Interessanter war da schon der Nationalpark von Tayrona, eine Stunde im Bus gen Osten liegt er direkt an der Küste:


Hier sollte man aber nicht schwimmen, selbst als Laie kann man erkennen, dass die Strömung hier extrem tückisch ist, an dem Strand auf dem Foto sind buchstäblich schon hundert Menschen ertrunken! Andere Strände im Park sind aber zum Schwimmen geeignet, dieser unerklärlicherweise leere Strand (die anderen waren ehrlich gesagt etwas überlaufen) zum Beispiel:


Haken an der Sache: Ich bin den Pferdepfad durch den Regenwald gelaufen. Die paar kleinen Restaurants und Minimercados im Park und an den Campingplätzen werden nämlich nur per Pferd versorgt, mit dem Auto geht’s nicht. Wiederum durch den Regen war der Pfad aber eine einzige Matschpfütze, ich war zum Teil bis zu den Knien weg - Dschungelkampf galore:


Barfuss war das aber ok. Auf dem Rückweg habe ich mir dann aber doch ein Pferd gegönnt – drolligerweise ließ mich der Verleih tatsächlich ohne Guide losreiten, das ist eigentlich sehr ungewöhnlich, mir aber sehr recht, da hatte ich im Wald meine Ruhe und konnte mein eigenes Tempo reiten, auf der trockenen Strecke auch mal Gas geben. Mitten im Regenwald bin ich auch noch nicht geritten, war nett.

Und wieder mal das Hostel: Genau im Zentrum gelegen, mit Innenhof, Pool, Dachterrasse und Bar mit Billard versehen, brauchte man eigentlich gar nicht raus. War ich abends auch kaum, da die anderen Gäste – gar nicht wenige, das Hostel ist nicht ganz klein – mal wieder sehr angenehm waren, war feiern und schnacken so schon nett genug - und charmant war's mitunter auch .