Mittwoch, 12. Januar 2011

Land und Leute

Wenn man sich hier mal ein wenig mit den Aborigines beschäftigt und der Art und Weise, wie die weiße Mehrheit sich heutzutage mit ihnen auseinandersetzt, kommt man nicht drum herum sich zu wundern. Wie weltweit so üblich, wenn sich damals europäische Siedler irgendwo niederließen, hieß das für die ursprüngliche – man könnte auch sagen, die eigentliche – Bevölkerung nichts Gutes: Wo im Weg, wurden sie abgeschossen, und wo nicht im Weg dennoch von mitgebrachten Seuchen getötet. Die wenigen positiven Begegnungen kann man offensichtlich an einer Hand abzählen. Anscheinend war insbesondere in Australien dieser Prozess besonders „unbedarft“ wenn man so will, da die Aborigines nicht sonderlich zahlreich waren (zumindest im Verhältnis zur Landmasse) und daher nicht sehr ins Gewicht fielen - nennenswerter Widerstand blieb dadurch aus. Hinzukommt eine gänzlich unterschiedliche Rechtsauffassung im angelsächsischen gegenüber dem „aboriginellen“ Sinne – was bedeutet Besitz? Wie äußern sich Eigentumsrechte? Was darf man und was nicht? Wo hört gute Nachbarschaft auf? Etc. Die recht mythische Auffassung allen Lebens bzw. des Kosmos der Aborigines, das „Dreamland“, ist grundsätzlich unterschiedlich zum recht individuellen westlichen Begriff.

Insbesondere der Begriff von Landeigentum war vergleichsweise unvereinbar, mit bis heute spürbaren Folgen, da die weißen Siedler grundsätzlich davon ausgingen, dass das Land frei war – die Aborigines als Jäger/Sammler lebten in sehr kleinen Gruppen auf sehr großen Flächen. Hinzukommt dass die Aboriginekultur natürlich keine Aufzeichnungen, sondern lediglich Zeremonien und Erzählungen kannte, was das Nachvollziehen der Kultur für den Einwanderer nicht gerade einfacher machte (wenn es ihn denn überhaupt interessierte).

Interessanterweise setzte der Prozess der Annäherung und der Auseinandersetzung erst mit der Labour Regierung in den frühen Siebzigern ein – einhergehend mit der Abschaffung des „White Australia“ Konzepts. Sicherlich gab es auch vorher schon private Bemühungen, aber die scheiterten häufig an der komplett unterschiedlichen Auffassung, was denn ein gutes Leben ausmacht (das ging so weit, dass Kinder ihren Eltern weggenommen wurden, um sie in „zivilisiertem“ Rahmen zu erziehen). Im Endeffekt wurde die Aborigine-Kultur dadurch fast ausgelöscht. Dass sich der Metabolismus der Aborigines so gar nicht mit Alkohol verträgt, hat auch nicht geholfen: Viele sind dem zum Opfer gefallen, was in Stadtgebieten zu regelrechten Ghettos mit hoher Gewaltrate geführt hat. Das man leider sagen muss, dass besonders die weißen Polizeikräfte nicht gerade respektvoll – um es mal vorsichtig zu formulieren – mit den Aborigines umgingen (die hiesige „Grüne Minna“ war lediglich ein Pickup mit einem Käfig auf der Ladefläche!), war sicherlich ebenso wenig hilfreich. Die wenigen positiven Beispiele bezogen sich in erster Linie auf Farmarbeit, wo die Aborigines aufgrund ihrer genauen Kenntnis des Landes sehr gefragt waren, sich allerdings durch ihre Angewohnheit, mitten in der Nacht einfach zu verschwinden und auf „Walkabout“ zu gehen, nicht gerade den Ruf der Zuverlässigkeit erarbeitet haben.

Langsam nimmt der Prozess allerdings Gestalt an, auch wenn die erste offizielle Entschuldigung seitens der Regierung erst 2006 (!) kam – erst Kevin Rudd hat alle rechtlichen Bedenken (insbesondere die des Präzedenzfalls für Kompensationsforderungen) beiseite gewischt und dem Prozess neuen Schwung gegeben. Der Prozess ist also noch sehr jung, was eigentlich ganz schön peinlich ist wenn man drüber nachdenkt. Im Fernsehen laufen sogar Werbespots für gegenseitiges Verständnis. Interessanterweise ist die Art und Weise, wie die Aborigine-Organisationen ihre Forderungen adressieren, sehr zurückhaltend. Zwar gibt es mittlerweile den gerichtlichen „Native Title“ – quasi die Anerkennung von Eigentumsrechten der Aborigines von bisherigem Gemeineigentum – aber durchgesetzt wird dieser selten, auch und gerade, weil viele Aborigines dieses Recht kaum wahrzunehmen scheinen. Vieles scheint über Kunst und Künstler der Aborigines zu laufen, jedes Museum hat einen Trakt für „Indigenous Culture“ – die Ausstellungen sind aber auch sehr gut gemacht und erläutern die Kultur der Aborigines wirklich anschaulich. Diverse Schulklassen werden daher da durch gejagt – einen recht hohen Geräuschpegel kann ich bescheinigen. Vieles läuft darauf hinaus, dass die Aborigines sich auch darüber klar zu werden versuchen, ob sie sich in der Mehrheit in die „weiße Gesellschaft“ integrieren oder komplett zu ihren Wurzeln zurückkehren wollen – oder wie ein Mittelweg aussehen könnte.

Alles in allem ein ziemlich komplexer Prozess – man wünscht ihnen Glück und bleibt gespannt!

2 Kommentare:

  1. Aha, der Herr betätigen sich als Ethnologe? Fotografier mal lieber ein Aborigines-Mädel! Irgendwo am Strand wird ja wohl eins aufzutreiben sein!

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  2. Hi Krischan, da hast Du mal was richtig Gutes geschrieben. Weitermachen!!! Take care! Klaus

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