Freitag, 24. Juni 2011

Bogota

Bogota haut einen erst einmal um. Die Stadt ist ziemlich weitläufig – und sehr abwechslungsreich: Von modernen, schicken, teuren Vierteln zum Regierungsviertel in der Altstadt, von grünen Hügeln im Osten zu den fast slumartigen Elendsvierteln samt Pferdekarren im Süden. Dennoch, die Stadt hat Energie!

Der Verkehr ist erst mal grausig, sehr dich und ständig um irgendwelche Baustellen herum geleitet. Aber sie können hier wirklich Auto fahren, ich war beeindruckt.

Eingebucht in ein nettes kleines Hostel am Rande der Altstadt ging ich erstmal auf Erkundung. Direkt um die Ecke lag ein recht alternatives Viertel mit vielen kleinen Cafes und Geschäften in engen Gassen, die Kunst, Schmuck und die üblichen Reggae-Klamotten verkauften, eine schöne Atmosphäre:


Dumm war nur, dass trotz einiger sehr viel versprechend aussehender kleiner Bars hier abends absolut (!) tote Hose war. Das hat mich doch überrascht und ehrlich gesagt ein wenig geärgert – ich meine, da ist man schon in einer lateinamerikanischen Metropole, in einem netten, alternativen Viertel, und dann ist da nichts los? Traurig, ich hatte auf einige nette, interessante Schnacks gehofft.

Von da ging es in die Altstadt über, wo sich auch der Regierungssitz mit Parlament, Justiz etc. befindet – wobei zumindest der „Justizpalast“ etwas reichlich Albert-Speer-haftes hat, ich habe nur auf die Fackelzüge gewartet! Außerdem spürt man hier schon, dass Kolumbien zwar inzwischen sehr sicher geworden ist, aber eben erst seit kurzem. Man traut dem Frieden nicht so recht und daher ist in den Straßen extrem viel Militär unterwegs – auf dem Weg zum Parlament wurde meine Umhängetasche mehrfach durchsucht! Allerdings sehr höflich, also alles ok. Abgesehen von der Justiz ist die Architektur aber wieder kolonialischer:


Mit Natalie, einer Bekannten aus dem Hostel, tastete ich mich vorsichtig ein wenig nach Süden vor, das letzte mögliche Foto war dies, noch zivilisiert:


Zwei Straßen später wollte Natalie ein Foto machen, woraufhin wir gleich von einigen Jugendlichen angesprochen wurden, die uns nahe legten die Kamera besser nicht auszupacken, ab hier wäre das zu gefährlich. Wir hörten drauf und kehrten langsam um. Nicht, dass ich mich bedroht gefühlt hätte (ehrlich gesagt, kein bisschen), aber man kann ja auch mal auf Leute hören. Trotzdem schade, es sah sehr interessant aus.

Nach Norden hin dann wieder ein ganz anderes Bild: Mit einigen Bekannten fuhren wir in die Zone der „besseren“ Bars, die hier komischerweise Zona Rosa heißt – was ich für eine macho-dominierte Kultur schon recht eigenwillig finde. Hier war allerdings einiges los, eine nette Atmosphäre und nun auch die netten Schnacks mit den Kolumbianern, die ein sehr angenehmes Volk zu sein scheinen. Es war wirklich schön und fast ausgelassen. Wenn man dann noch bemerken darf, dass die Kolumbianerinnen in der Tat ihrem Ruf gerecht werden (es sind einige wirklich sehr hübsche Dulcineas dabei), ist eigentlich alles gut - leider reichlich teuer, selbst für europäische Verhältnisse.

Ein weiteres Highlight von Bogota ist die Bergkette, die die Stadt im Osten begrenzt: Steil führt eine Seilbahn der Berg hinauf, zum ehemaligen Kloster von Montserrat:


Von hier hat man einen fantastischen Blick über die Stadt:


Ein charmantes Detail, dass auch die mitunter tiefe Religiosität – auch heute noch – zeigt: In einem Seitentrakt des Klosters sind die Wände gepflastert mit kleinen Plaketten, auf denen sich Pilger für diesen oder jenen Gefallen bei „El Senor“ bedanken, bis hin zum Dank für die US-Bürgerschaft:


Alles in allem ein faszinierende und energiegeladene Stadt – der einzige Haken: Es gibt ungewöhnlich viele Obdachlose. In anderen südamerikanischen Städten sieht man zwar auch immer wieder teils extreme Armut, aber offen auf der Straße lebende Menschen sind doch eher die Ausnahme. Nicht so in Bogota – und dazu kommt, dass sie besonders abends reichlich penetrant werden können, und sorry, aber ich kann nicht die ganze Welt retten! Schätze, das ist eine ganz gute Vorbereitung auf Indien, aber dennoch war das keine schöne Erfahrung. Na, ein Wermutstropfen muss wohl sein, sonst aber hat mir Bogota wirklich gut gefallen.

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