Sonntag, 11. September 2011

Mumbai am Wochenende

Irgendwie ist Mumbai schon durchwachsen. Einerseits die alte Grandeur der Kolonialzeit und die quirligen Viertel der Händler, andererseits der schwer erträgliche Anblick von schmutzigen Kindern, die im Dreck nach Verwertbarem wühlen – an letzteres werde ich mich sicherlich nicht gewöhnen.

Nun, ich habe das Glück, hier mit meinen beiden HSD Kollegen Heiko und Özgur einige nette Ecken abgeklappert zu haben, die man sonst so wahrscheinlich nicht entdeckt hätte, vom sehr britischen Golfclub, wo man auf einer schattigen Veranda den High Tea (ok, in meinem Fall ein High Beer) einnahm über an und für sich unscheinbare Restaurants, die aber ganz hervorragend sind – und im Falle des fast legendären Britannica Clubs von steinalten, aber sehr liebenswerten Indern geleitet werden.

Watt British…

Sehr nett auch: Der Jai-Tempel in einem der besseren Viertel – eine Oase der Ruhe im sonst recht lauten Mumbai. Apropos laut: Heute wird das Ganesh-Fest abgeschlossen und die vielen Ganesh-Abbilder unter lautem Trommelgetöse, Zimbeln und Böllern in Prozessionen durch die Stadt zum Strand gezogen, um sie im Meer zu versenken, Menschen tanzen wie in Trance, mit roter Opferfarbe beschmiert – es hat ein wenig was von schiitischer Aschura. Drollig dabei: Die eine Prozession spielte laute Dance-Musik westlicher Machart aus röhrenden Lautsprechern – spätestens bei der Textzeile „tonight I’m fucking you“ musste ich ob der Umstände doch sehr Grinsen (was hier nicht unkompliziert ist, Religion wird hier wirklich ernstgenommen!)

Ein weitere interessante Ecke sind die Hanging Gardens, ein Überdachung eines großen Trinkwasserreservoirs – die ist aus einem drolligen Grund nötig geworden: Nebenan liegt die Bestattungsgegend der Parsees, die Recycling auf ein ganz neues Level hebt. Die Toten werden offen aufgebahrt, um sie von Aasvögeln fressen zu lassen. Mitunter sind die aber etwas übermütig und nehmen den Schnabel etwas voll – und runter gefallene Leichenteile im Trinkwasser sind selbst für indische Hygieneansprüche dann doch etwas zu viel…

Ein kurzer Besuch bei Heikos Motorradschrauber stürzte mich mal wieder in Versuchung: Alte BSAs, Militärtriumphs aus den 30ern, eine Norton Dominator aus den 60ern, Royal Enfields – ein Traum! Irgendwie muss ich doch noch mal über einen Motorradschein nachdenken…

HABEN WOLLEN!

Dem Jäger und Sammler alten Krams unterschiedlichster Machart sei außerdem der muslimische Trödelmarkt angeraten, da findet man praktisch alles – wieder mal bin ich dankbar für die disziplinierende Wirkung eines vollen Rucksacks, sonst käme man hier und da wirklich in Versuchung.

Sieht nach nix aus, aber sie haben alles

Morgen geht es dann weiter nach Kochin in der südwestlichen Provinz Kerala – Goa schenke ich mir einfach mal fürs erste. Mal sehen wie die „Indian Rail Experience“ wird…

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