Nachdem ich nun zurück in Auckland bin und die letzten zwei Abende fröhlich feiernd mit Casper, einem Dänen, den ich in Melbourne traf und der hier mit Freundin ein Semester studiert, verbracht habe, nett in Davenport Wein getrunken habe und den Start des Two Hand Races Around the North Island verfolgen konnte (also sehr nette letzte Tage verbracht habe), kann ich nun langsam mal ein Fazit ziehen. Die Kiwis sind schon ein netter Haufen. Der Vergleich mit den Australiern drängt sich einfach auf, auch wenn weder die einen noch die anderen das gerne hören – man ist in inniger Hassliebe verbunden, ein bisschen wie Hamburg und Bremen. Allerdings sind die Kiwis irgendwie entspannter, freundlicher – das „How are you?“ hat einen Beigeschmack als wäre es eine ernst gemeinte Frage. Sie sind auf jeden Fall sehr stolz auf ihr Land, was mitunter drollige Formen annimmt. Nicht nur, dass jeder Hühnerstall ein War Memorial hat (im Gedenken an den 1. Weltkrieg – obwohl sie mit den Aussies bei Gallipoli ja reichlich auf die Mütze bekommen haben), auch im Ausweisen von Sehenswürdigkeiten und bedeutsamen Orten wird nichts ausgelassen, und mag es auch noch so irrelevant sein. Mein persönlicher Liebling: Auf der Zugfahrt von Auckland nach Wellington wurde auf allerlei hingewiesen – unter anderem, dass in einem Dorf am Wegesrand mal eine Kartoffelchips-Fabrik gestanden habe, die – hört, hört – viele Kartoffelchips produziert habe! Spätestens da musste ich ein wenig schmunzeln. Auch ein Kiwi den ich in Napier traf ließ sich leicht von sich selbst beeindrucken: „ I went as far as Dunedin…“ (O-Ton) – angesichts der Tatsache, dass Dunedin gut und gerne 700 Kilometer entfernt liegt, war ich natürlich sehr beeindruckt… Auch ein Blick auf die lokalen Schlagzeilen zeigt den Bezugsrahmen: Ein wahlloses aktuelles Beispiel war heute http://nz.news.yahoo.com/a/-/top-stories/8841414/mummified-cat-found-in-house-wall/ - nein, das habe ich mir tatsächlich nicht ausgedacht!
Dennoch, man verzeiht derartige Schrulligkeiten gern, da sie ansonsten einfach sehr freundlich sind, selbst in betrunken – lediglich ein junger Recke in Akaroa legte es mal sehr darauf an mich zu provozieren und einen Streit anzufangen, aber selbst das tat er so ungeschickt, dass ich nur müde lächeln konnte – wenn ich mal arrogant sein darf, kleine Fische wirft man eben zurück ins Wasser.
Wie auch in Australien sind die öffentlichen Verkehrsmittel reichlich teuer, aber problemlos. Generell bekommt man überall Hilfe wenn man sie braucht ohne dass man schräg angeguckt wird. Sollte jemand eine Neuseelandreise planen: Hostels/Hotels immer einen Tag im Voraus buchen, in der Hauptsaison sind die ganz schnell ausgebucht! Generell sollte man sich an die kleineren Hostels halten, die beiden grossen Ketten Nomads und Base sind im Allgemeinen eher Silos mit trunkenem Jungvolk frisch aus der Pubertät und gänzlich ohne Atmosphäre – im Gegensatz zu den kleinen, die mitunter sehr lauschig sind und man doch meist eher entspannte Leute trifft, die für einen kleinen Schnack zu haben sind.
Vom Wetter her hat es was von unserem April: Four Seasons in a Day. Auch am schönsten Tag zieht gerne mal ein Schauer durch und am regnerischsten Tag kommt meist doch irgendwann irgendwo die Sonne raus. Gerade auf der Südinsel mit ihrer Bergkette im Westen ist das Wetter praktisch unvorhersehbar.
Das es landschaftlich großartig ist brauche ich glaube ich nicht mehr zu erwähnen. Städte können sie aber nicht. Selbst die Orte, die in neuseeländischen Begriffen als Stadt durchgehen, sind zwar ganz nett, aber nicht wirklich umwerfend und abends recht schnell recht tot. Mit der Ausnahme von Auckland, Wellington und Christchurch war nix los, und auch da nur am Wochenende.
Leider erstreckt sich die vorteilhafte Biologie der Landschaft nicht auf die hiesigen Damen – die sind mehrheitlich britisch-rustikal gebaut. Lediglich in Auckland war ein gewisses Flair zu spüren. Wegen der hübschen Mädels braucht man also wirklich nicht nach Neuseeland reisen. Schade eigentlich, romantisch ist es nämlich hier.
Was ich mit Genugtuung festgestellt habe: Fleisch ist sehr günstig. Da mir verschiedentlich aufgrund einiger Australienfotos gesagt wurde, dass ich wohl etwas ausgezehrt aussehe: Ein gutes und günstiges Essen war für mich immer mal wieder Steak plus ein Salat, ganz prima – vor allem, wenn man überlegt wie sich manch ein Bagpacker ernährt. Da bin ich mittlerweile Snob und koche vernünftig.
Politisch scheint es mir hier liberaler zuzugehen als in Australien, das mag aber auch daran liegen, dass Neuseeland durch die geographische Lage deutlich weniger Einwanderer / Flüchtlinge aus Asien und dem Mittleren Osten hat als die Aussies – schwer zu sagen. Auf jeden Fall hat die Maori Partei deutlich mehr Gewicht als zum Beispiel die Aborigines in Australien. Aber trotz eines Afghanistan Engagements des neuseeländischen SAS scheinen politische Debatten recht entspannt zu verlaufen und keine großen Wellen zu schlagen – nun gut, das Engagement ist personell auch überschaubar, daher kommen schon aufgrund der Wahrscheinlichkeit keine Body Bags zurück, zumindest bis jetzt. Alles in allem scheint mir der politische Alltag ohnehin recht harmlos zu sein, jedenfalls habe ich keine großartigen Kontroversen feststellen können.
Was die Maori angeht, so zeigt sich hier der deutlichste Unterschied zu Australien: Wo in Australien wie gesagt langsam erst ein Annäherungsprozess stattfindet, sind die Maori in Neuseeland nicht nur voll integriert, sondern ein maßgeblicher Bevölkerungsteil. Die Erklärung dafür ist relativ einfach: Als die ersten Siedler in Australien ankamen, waren die Aborigines eben kleine Gruppen von Jägern und Sammlern, wohingegen die Maori, aus Polynesien und wesentlich später nach Neuseeland kommend, bereits deutlich weiterführende Gesellschaftsstrukturen hatten. Wo in Australien also keinerlei Widerstand aufkam, darf man sich die europäische Ankunft in Neuseeland eher so vorstellen als dass einige große und sich ihrer Kraft sehr bewusste Maori mit über der Brust verschränkten Armen am Strand standen und gewissermaßen mit der Attitüde „Na, kleiner weißer Mann, was haben wir denn vor?“ auf die ersten Europäer runterguckten (generell sind die Maori eher stämmig bis nach unseren Maßstäben fett und nicht gerade klein gewachsen). Damit war gleich ein völlig anderer Ausgangspunkt erreicht.
Im Jahre 1840 kam es zu einer Treaty zwischen der britischen Krone und den maßgeblichen Chiefs, die Rechte und Pflichten zwischen Briten und Maori zweisprachig auslegte: Die nationale Souveränität wurde der Krone zugesprochen, der Landbesitz verblieb den Maori – weiße Siedler mussten Land also von den Maori kaufen oder pachten! Später wurde auch die Verfassung zweisprachig gehalten. Die weißen Neuseeländer sind durchaus stolz auf die Maori Vergangenheit, was sich spätestens beim Rugby (das Nationalheiligtum) zeigt, wo die „All Blacks“ vor jedem Spiel den Haka, den maorischen „Kriegstanz“, aufführen.
Generell hatten die Maori wie gesagt schon weitgehende Stammesstrukturen und politische Verzweigungen. Da sie insbesondere mit Süßkartoffeln und Weizen in Neuseeland ankamen hatten sie auch die Voraussetzungen für Überschüsse und damit – im Gegensatz zu den Aborigines – die Möglichkeit, politische Staatsgebilde und Handwerk, kurz eine höhere Bevölkerungsdichte, zu ermöglichen.
Mit dem Pounamu – Jade – hatten sie auch eine Art von Stein, der sich gut bearbeiten ließ und für Schmuck und Zeremonien, vor allem aber als Waffe und fast eisenwertiges Werkzeug verwendbar war. Auch damit waren die Voraussetzungen für die Maori grundlegend viel versprechender.
Die Hauptbesiedlung durch die Maori fand zunächst auf der wärmeren und weniger schroffen Nordinsel statt, die Südinsel wurde lediglich für Fischfangexkursionen und zum Abbau von Pounamu genutzt. Erst als es auf der Nordinsel langsam eng wurde begannen die ersten ernsthaften Besiedlungen auf der Südinsel.
Dass die Maori letztlich aber auch nur Menschen sind, zeigte sich spätestens dann, als sie durch Handel mit den Weißen an Musketen gelangten: Sofort kam es zum Krieg zwischen den Stämmen, den „Musketeer Wars“, die wohl ein prächtiges Gemetzel gewesen sein müssen.
Nun ja, generell und unterm Strich, ein sehr schönes Land und wirklich nette Menschen – für mich persönlich aber eher etwas für den Urlaub als zum Leben, dafür bin ich dann doch zu sehr Großstädter.
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